FEx El Salvador
Jedes Frühjahr machen sich die Freunde des Bauingenieurwesens der TU Dresden auf die Reise zu interessanten Orten auf der ganzen Welt, um neue baupraktische Methoden zu erleben, verschiedene Bauprojekte zu bestaunen und um Kontakte zu knüpfen. Dieses Jahr wurde El Salvador, ein kleines Land in Zentralamerika, ausgewählt.
Hauptgrund dazu war, dass unser Vereinsmitglied Paco bis zu seinem Studienbeginn in Dresden dort aufgewachsen ist. Außerdem sind beide Elternteile aktive Bauingenieure im Land und konnten uns somit gute Kontakte zu Unternehmen und Baustellen vor Ort geben. Als seine Idee der Reise mit uns geteilt wurde, waren wir natürlich alle begeistert und gehörten anschießend mit etwas Glück zu den 12 Studierenden, die in einem Losverfahren unter interessierten Vereinsmitgliedern ausgewählt wurden. Dazu begleiteten uns zusätzlich drei, von der Reiseidee begeisterte, Kommilitonen, sodass wir eine Reisegruppe von 15 Personen waren.
Die Reise
Am Donnerstag, dem 09.03.2023 um 23:10Uhr fuhren wir gemeinsam mit dem Flixbus von Dresden nach Frankfurt am Main. Dort ging in den Morgenstunden des 10.03.2023 der Flug nach El Salvador mit einem Transit in Washington D.C.. Mit 7 Stunden Zeitverschiebung landeten wir um 22:15 Uhr Ortszeit in der Hauptstadt San Salvador. Nach regulären Passkontrollen wurden wir sehr freundlich von Pacos Familie empfangen, die schon einiges für unseren Aufenthalt organisiert hat. Beispielsweise unterstützten sie uns mit der Buchung unserer AirBnB-Unterkunft und bei der Abholung des Mietautos am Flughafen, einen Toyota Hiace mit perfekt-passenden 15 Sitzen.
Mit diesem fuhren wir dann zur Unterkunft, richteten uns dort ein und erholten uns von der über 30-stündigen Reise, die wir ab Dresden auf uns nahmen.
Am Samstag, unserem ersten Tag war vor allem ein Großeinkauf im Supermarkt am Vormittag, sowie eine Stadtzentrumsbesichtigung am Nachmittag geplant. Wir besuchten dabei die „Catedral metropolitana de San Salvador“ und den „Palacio Nacional de El Salvador“, den Nationalpalast, welcher seit 1980 Nationaldenkmal ist. Nachdem wir wieder zurück in der Unterkunft waren, gönnten sich Einige eine Abkühlung in unserem kleinen Pool oder ein paar liebevoll zubereitete Sandwiches zum gemeinsamen Abendbrot.
Der Sonntag sollte noch einmal der Entspannung und der Natur gewidmet werden. So kam es, dass wir morgens inklusive Kokosnuss-Zwischenstopp zum Strand „Costa del sol“ gefahren sind, um den Tag im Beach Club „Joya del Pacifico“ zu verbringen. Außerdem begleiteten uns Pacos Eltern an deren arbeitsfreien Tag, welcher von Bilderbuchwetter unter Palmen, leckerem Essen, Badespaß im warmen Pazifik, einem wunderschönen Sonnenuntergang und sehr viel guter Laune geprägt war. Bereits an diesem zweiten Tag wurde uns die umfassende Schönheit des Landes El Salvador eindringlich und unvergesslich gezeigt.
Doch da wir mit bauspezifischen Programmpunkten in das Land gereist waren, hieß es am Montag: 6:30 aufstehen und den Weg zur Bewehrungsstahlfabrik der Firma „Corinca“ antreten. Wie allseits bekannt, ist Bewehrungsstahl essenziell für Konstruktionen, die heutzutage geplant werden. Wir als Freunde des Bauingenieurwesens hatten das Vergnügen den gesamten Herstellungsprozess vom Befüllen des Schmelztiegels bis zur Lagerung und Abtransport des fertigen Bewehrungsstahls sehen zu dürfen. Zudem betrachteten wir die Herstellung von Draht und Nägeln unterschiedlicher Größe in einer Nebenfabrik. Insgesamt läuft die Fabrik 24 Stunden am Tag mit ca. 550 Arbeitern. Das Endprodukt wird nur zu einem kleinen Teil exportiert und hauptsächlich im Inland verbaut. Hier lernten wir eine Menge über Stahl, wurden sehr freundlich behandelt und hatten größtenteils zum ersten Mal einen solchen Industriebetrieb von innen gesehen. Nachdem wir das Corinca-Werk hinter uns gelassen hatten, stand schon die nächste Besichtigung, die Hochbaustelle der „Cascadas Torre Emblema“ in der Innenstadt der Baufirma „Nabla“ an. Die Besonderheit dabei war, dass vorgespannter Stahl zur Sicherung gegen Erdbeben, eine in Zentralamerika neue Methode, verwendet wurde. Wir besichtigten die Betonierung der Decke in der 13. von später einmal 17 Etagen und ließen uns das Prinzip der Vorspannung des Bewehrungsstahls direkt auf der Baustelle erklären. Es war sehr interessant zu sehen, wie so weit weg von unserem Heimatland der Bau eines hohen Gebäudes umgesetzt wird. Am Abend stand unsere letzte Station auf der Liste: Ein Besuch im Ingenieurbüro der Firma „OMNI“. Hier arbeitet der Vater von Paco und stellte uns den Firmenchef vor. Nach einem interessanten Gespräch und ein paar Weisheiten, die er uns mit auf unseren Karriereweg gegeben hat, fuhren wir zur Unterkunft und ruhten uns nach diesem anstrengenden Tag mit ein paar Kaltgetränken aus.
Am Dienstag um 5:30Uhr klingelte der Wecker, damit wir noch vor 7 Uhr zur Zementfabrik der Firma „Holcim“ aufbrechen konnten. Diese lag im Norden des Landes nahe der Grenze zu Guatemala, also hatten wir einen weiten Weg von 3,5 Stunden Fahrt vor uns. Dort angekommen, waren wir besonders von dem großen Rohrofen und der zentralen Steuerung mehrerer Zementwerke vom Kontrollzentrum aus beeindruckt. Auf der Anlage werden rund 1,2 Millionen Tonnen Zement pro Jahr produziert. Nach der Führung bei 30 Grad Außentemperatur und der Pflicht, lange Sachen und eine FFP2 Maske zu tragen, freuten wir uns sehr auf das leckere Mittagessen im klimatisierten Pausenraum. Die Rückfahrt dauerte aufgrund der Verkehrssituation in der Stadt sehr lang, aber wurde mit viel Gesang, angenehmer Gesellschaft und guter Partymusik begleitet.
Mittwoch stand etwas ganz Besonderes an. Wir haben die Deutsche Schule San Salvador besucht, in der einst unser Vereinsmitglied Paco seine Schulzeit verbrachte. Vor der 11. und der 12. Klasse der Schule hielten wir einen kurzen Vortrag über unseren Verein und dessen Zweck. Die Schüler konnten anschließend im Rahmen einer Stationsarbeit mit vorbereiteten Fragen alles über Themen wie z.B. Studentenleben, Hochschulgruppen, Freizeitaktivitäten, jugendliche Subkulturen und Studienorganisation in Deutschland erfahren. Dabei waren wir überrascht von den guten Sprachkenntnissen der Jugendlichen. Gegen Mittag wurden wir freundlicherweise von der Schule in ein Pizza-Restaurant eingeladen. Danach folgte eine Besichtigung des großen Schulgeländes, welches neben einem Swimming Pool für den Schwimmunterricht und eine große Sportanlage auch direkt die dazugehörige Grundschule und den Kindergarten beinhaltete. Sowohl Lehrkräfte als auch die Schüler haben sich sehr über unseren Besuch an ihrer Schule gefreut und wir haben ein paar Kontakte ausgetauscht. Die Gastfreundschaft, die uns entgegengebracht wurde, war wieder einmal großartig. Am Nachmittag fuhren wir zu einem „Stammtisch“ mit dem landesbekannten Ingenieur Ricardo Narvaez. Er berechnete die Statik und die Methode des vorgespannten Stahls der „Cascadas Torre Emblema“, welche wir zwei Tage zuvor besichtigt hatten. Uns wurde anschaulich präsentiert, worauf es bei diesem Projekt ankommt und was es für Besonderheiten im erdbebensicheren Bauen in El Salvador gibt. Wir erhielten durch die Besichtigung der Baustelle am Montag und den dazugehörigen Vortrag zur Theorie einen sehr klaren Einblick in das Leben eines Ingenieurs und seine Rolle während eines Bauprojektes.
Am Donnerstag führte unser Weg noch einmal zur Firma Holcim. Diesmal zu einer Betonanlage, wo wir einen Einblick in das Mischen, den Abtransport und die Prüfung des Betons bekommen haben. Danach haben wir eine beeindruckende Ausgrabungsstätte von Tempelanlagen der Majas besucht. Den Abend verbrachten wir wie immer zusammen mit Kartenspielen, Getränken und mit Abkühlungen im Pool.
Am Freitag haben wir die Mutter von Paco bei ihrer Arbeit besucht. Sie ist Bauleiterin bei der Firma „QualiCons“ und führte uns über die Baustelle des HUMANA-Ärztehauses, ein 26-geschossiges Gebäude am Ende der Rohbauphase. Der Ausblick vom Dach war fantastisch, welcher in vielen Bildern festgehalten wurde. Das besondere bei diesem Projekt war, das erstmals BIM – „Building Information Modeling“ im großen Stil Anwendung fand. Diese Methode ist sehr zukunftsweisend für uns, als zukünftige Ingenieurinnen und Ingenieure und deshalb war es umso interessanter zu sehen, wie das Modell auf dem Bildschirm des Besprechungsraum aussah. Anschließend gab es leckere Tacos in einem Restaurant und ein kleiner Shopping Trip, um Souvenirs zu kaufen.
Der Berg ruft! Am Samstag war es so weit, der ersehnte Aufstieg des Vulkans „Izalco“ stand an. Wir schlüpften in unsere Wanderschuhe und bestiegen unter Anstrengung die Spitze des 1952m hohen Vulkans. Dieser ist zuletzt 1966 ausgebrochen und man konnte im Krater warmen Dampf austreten sehen. Das Wetter war sehr bewölkt, also blieb von einem Ausblick wenig übrig. Beim Abstieg fing es an, stark zu regnen und es wurde sofort kalt und nass. Da wir aber nicht aus Zucker sind, haben es alle sicher zurück zum Auto geschafft und waren erleichtert, die Wanderung erfolgreich abgeschlossen zu haben. Am Abend haben wir zusammen im Garten der Unterkunft gegrillt und einen entspannten Abend verbracht.
Es war wieder Sonntag, also Entspannung angesagt. Wir fuhren zum See „Lago de Coatepeque“ und verbrachten den ganzen Tag zusammen mit Pacos Eltern in einem Haus mit Badesteg. Bei perfekter Wassertemperatur, sonnigem Wetter und allseits guter Laune wurde gebadet, Jet Ski gefahren und abends Burger gegrillt. Nach einem rosa-roten Sonnenuntergang fuhren wir zurück, wo unsere Betten auf uns warteten.
Der letzte Tag, Montag, war angebrochen. Wir fuhren zum Strand „El Tunco“ und hatten die vergebliche Mission, Postkarten oder wenigstens Briefmarken zu finden. Nach diesem Misserfolg kamen wir in der Unterkunft zusammen und haben zum Ende der Fahrt noch einmal die FEx mit kleinen Geschenken für jeden ausgewertet.
Am Abreisetag klingelte der Wecker zeitig und es wurde gepackt und alles sauber geputzt. Am Flughafen angekommen, wurde das Auto abgegeben und Pacos Familie feierlich mit einem kleinen Geschenk verabschiedet. Es ging wieder mit dem Flugzeug nach Frankfurt, aber enem mit knappem Transit in Houston, Texas. Nach der Landung am 22.03.2023 mittags nutzten noch Einige die Zeit, um die Innenstadt Frankfurts zu erkunden, bevor alle mit dem Zug zurück nach Dresden fuhren.
Auswertung der FEx
El Salvador ist ein fantastisches Land, was auf mehreren Ebenen viel zu bieten hat. Die Gastfreundschaft ist unglaublich und die Menschen sehr höflich und zuvorkommend. Zudem konnten wir viele beeindruckende Einblicke in die Baupraxis eines fernen Landes gewinnen, was unsere FEx zu einem vollen Erfolg gemacht hat.
Ein großes Dankeschön geht vor allem an die gesamte Familie Avilés/Calvo, ohne deren umfangreiche und liebevolle Organisation unsere Exkursion in diesem Maße nicht möglich gewesen wäre. Von ausreichend Schlafmöglichkeiten, über das Planen der einzelnen Tage mit verschiedenen Programmpunkten, bis hin zu unzähligen Übersetzungen und Ortskenntnissen hat uns die Familie einen unvergesslichen Aufenthalt im sonnigen El Salvador geboten. Außerdem danken wir den vielen Firmen vor Ort, die unsere Besichtigungen im Werk, im Büro oder auf der Baustelle genehmigt und begleitet haben und der Deutschen Schule in San Salvador, welche für uns einen sehr schönen und interessanten Tag gestaltet hat.